Abwesenheitsvertretung als Arbeitsvorgang
Bundesarbeitsgericht, Urt. vom 22.06.2022, 4 AZR 440/21
Die Frage der Abwesenheitsvertretungen in der Eingruppierung ist ein Umstand, der wegen des regelmäßig zeitlich geringen Umfangs selten entscheidend ist und vielleicht deshalb eine zu selten beleuchtete Rolle in der Stellenbewertung spielt. Das BAG hat jedoch bereits in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass diese typischerweise ebenso bewertungsrelevant sind, wie andere Tätigkeiten.
Vorübergehende oder nicht vorübergehende Tätigkeit?
Die Abwesenhgeitsvertretung ist keine vorübergehende Tätigkeit, weil sie nicht ständig erfolgt. Das wäre schon deshalb sinnwidrig, weil dann alle saisonalen Tätigkeiten, z.B. die Aufgaben des Winterdienstes oder die Durchführung von Wahlen, in Frage gestellt würden.
"Die nicht vorübergehend auszuübende Tätigkeit iSv. § 12 Abs. 2 Satz 1 TVöD/VKA ist von der vorübergehend auszuübenden abzugrenzen [...] . Dabei ist der bei der Übertragung der Tätigkeit zum Ausdruck kommende Wille des Arbeitgebers entscheidend. Aus ihm muss sich ergeben, ob die Tätigkeit auf Dauer oder nur vorübergehend übertragen werden soll [...]. Es kommt entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer diese auf Dauer oder nur zeitlich befristet ausüben soll. Dabei ist die vorübergehende Übertragung einer Tätigkeit (etwa aus Gründen eines vorübergehenden Vertretungsbedarfs) von der dauerhaft auszuübenden Tätigkeit der Stellvertretung anderer Beschäftigter zu unterscheiden. Letztere gehört zur vertraglich nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit (BAG 5. September 1973 – 4 AZR 549/72 -; Geyer in Sponer/Steinherr TVöD Stand Juni 2022 § 12 TVöD (Bund) Rn. 193 f.; sh. auch Brockmannn in Sponer/Steinherr TVöD Stand Juni 2022 § 12 TVöD (VKA) Rn. 193 f.)."
Stellvertretung als Abwesenheitsvertretung
Demzufolge sind zumindest die auf unbestimmte Zeit abstrakt angeordneten Abwesenheitsvertretungen bewertungsrelevant:
"Danach ist dem Kläger die Tätigkeit als stellvertretender Amtsleiter im Bereich „Jugend“ nicht nur vorübergehend übertragen. [...] Mit dem Schreiben wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. Januar 2018 zum stellvertretenden Amtsleiter des Amts für Familien und Soziales für den Bereich „Jugend“ bestellt. Die Übertragung dieser Aufgabe ist nach dem Inhalt des Schreibens zeitlich unbegrenzt erfolgt. Das sehen die Parteien nicht anders"